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Samstag, 3. September 2011

Wo ist die Zeit hin?

Ja, wo ist sie? Die Zeit. Grad eben war sie doch noch hier. Direkt vor mir. Und jetzt liegt sie schon hinter mir. Elfeinhalb Monate. Und irgendwie kommt es mir trotzdem erst wie gestern vor, als ich am neunzehnten September Zweitausendzehn in Cartagena aus dem Flugzeug stieg und erst mal mit meinen Händen ungläubig die Luft betastete. War ich wirklich draußen, unter freiem Himmel und nicht im Tropenhaus irgendeines Zoos? Nach der ersten Dusche kamen die ersten ernsten Zweifel auf, ob ich dieses feuchte Klima ein Jahr lang aushalten konnte, da ich erstens in dem kleinen durch das Duschen noch feuchtere Bad kaum Luft bekam, ich mich zweitens in meine Jeans nur mit sehr viel Mühe hinein quetschen konnte und drittens mein Haar erst in den frühen Abendstunden richtig trocken wurde während der Rest meines Körpers -weil mit einem beständigen Film von Luftfeuchtigkeit uns Schweiß bedeckt - gar nicht trocknete. Aber nach ein oder zwei Wochen war das vergessen und mittlerweile frage ich mich, wie ich wohl das Klima in Deutschland überleben soll. Oh, ja ich glaube es wird ein sehr, sehr harter Winter für mich.

Ich habe um die 2000 Luftballons aufgeblasen, unzählige Plakate gebastelt, Passfotos von fast 100 Kindern gemacht, für amerikanische Ärzte übersetzt, fußballspielenden Jungen mit Essen und Trinken versorgt, Betten bezogen und Laken gewaschen, einen Malkurs mit der Jugend gemacht, aufgeräumt, geputzt, mit der Jugend deutsche Weihnachtsplätzchen gebacken, Begrüßungs- und Dankeskarten gebastelt, die Straßen Loma Frescas von Müll befreit, unzählige Teller mit Essen ausgegeben, Wasser nachgeschenkt, mich einmal die Woche bei sengender Hitze den Berg auf dem die Familien leben gequält, eine wilde Horde Kinder ins Kino begleitet und bei der sachgerechten Benutzung der Wasserhähne geholfen, Boden zementiert, in den Kleingruppen für Ordnung und Disziplin gesorgt, bei den Hausaufgaben geholfen und mitten in der Nacht Wasser geschippt.
Und das nur auf meiner Arbeit. Auch wenn die Freizeit teilweise wirklich knapp bemessen war (gearbeitet wird 5 Tage die Woche von acht bis fünf und um sechs, spätestens halb sieben ist es dunkel…) habe ich trotzdem genügend Zeit gehabt die ganze kolumbianische Kultur zu erleben.
Hab Preise verhandelt, Obst von Straßenhändlern gekauft, gelernt, dass es mehr als nur eine Sorte Bananen gibt, habe gelernt dass Coca Cola (= schwarz, koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk) nicht gleich Kola (= knallrotes, chemisches, dezent überzuckertes Erfrischungsgetränk) ist und dass die Grundzutat für kolumbianische Säfte Zucker ist. Ich habe feststellen müssen, dass man auf der sonnigen Seite des Lebens in Kolumbien alleine geht, da die Straßenseite, die im Schatten liegt immer völlig überfüllt ist, während man auf der sonnigen Seite alleine vor sich hin brät. Das liegt abgesehen von der unerträglichen Hitze daran, dass hier schick ist, so weiß wie möglich zu sein. Dem Braunwerden wird unter anderen mit Sonnencreme mit Lsf 100 und Sonnenschirmen, die wie ein Regenschirm getragen werden entgegengewirkt – und eben der Flucht in den Schatten. Das Konzept des „sich sonnen“ stößt daher auf absolutes Unverständnis. Ansonsten habe ich noch die vielfältigen Benutzungsmöglichkeiten der Hupe kennengelernt, die ganz gewöhnlich als Gefahrensignal, aber auch als Musikinstrument, Beschimpfungshilfe, Flirthilfe oder auch einfach nur zum vertreiben der Langeweile dienen kann. Meistens bedeutet sie allerdings nur „Achtung, ich komme“. So kommen die Busse, die vor meinem Haus vorbeifahren, mit einem Affenzahn um die Kurve, fangen dann ungefähr auf Höhe unseres Hauses (ca. 50 m bis zur Kreuzung) wie verrückt an zu hupen, um anschließend ca. 2 Meter vor Auftreffen unserer Straße auf die verkehrsreiche Hauptstraße unter lautem Getöse den Bremsvorgang einzuleiten. Da wackeln auch schon mal die Wände.
Auf einem Kaffeejeep in der Kaffeezone...
Und wo wir beim verrückten Verkehr in Kolumbien sind: Den habe ich auch zu Genüge kennengelernt. Denn um in Kolumbien von A nach B zu kommen gibt es gefühlt unendlich viele Möglichkeiten, manche davon zivilisiert, manche weniger. So bin ich zum Beispiel ganz zivilisiert im Taxi gefahren, aber auch weniger zivilisiert mit besagten Bussen (untermalt von musikalischen Beiträgen von Pitbull oder Don Omar), auf dem Mototaxi (mal mit vertrauenserweckendem Helm mal mit einem weniger vertrauenserweckenden), im Colectivo (Jeepsammeltaxi), im Fahrradtaxi, mit dem schnellen Schnellboot, mit dem langsamen Schnellboot, im klapprigen Auto eines wildfremden Typen (den wir im Supermarkt an der Kasse kennergelernt haben und er uns ein Stück mitgenommen hat), im hohlen Baumstamm (nicht wörtlich, aber es war ein sehr schmales, langes, altes Holzboot), in der rollenden Tiefkühltruhe (nennt sich hier Überlandbus), mit dem Tuktuk - so eine  Art Motorrikscha, im Minivan eines Touristenführers, zu Pferde, in der Gondel, zu neunt im Auto mit mannsgroßer Bibel auf dem Dach und einem übermannsgroßen Holzkreuz an der Seite des Autos und zu zwölft und im Stehen auf der Ladefläche eines Jeeps.
Das allerunglaublichste aber, was ich dieses Jahr getan habe ist, dass ich in diesem Jahr tatsächlich – und das ohne es zu merken und mir erscheint auch ohne mein Zutun - irgendwie, spanisch gelernt habe.
Und genau jetzt wo ich wirklich ohne groß Nachzudenken spanisch sprechen kann, ich die komplizierten Namen fast aller Kinder kenne und zuordnen kann und gerade jetzt wo ich mich endlich nicht mehr heillos im Centro, der Altstadt verlaufe da heißt es: ab nach Hause.
Trotzdem versuche ich gerade noch meine letzte Zeit in Cartagena auszunutzen. Urlaub hab ich ja keinen mehr, aber während die anderen den Amazonas erkunden, hab ich einfach Urlaub in der eigenen Stadt gemacht. Ich und eine Mitfreiwillige haben unsere Sachen gepackt und eine Nacht in einem Hostel in der Altstadt übernachtet, wie echte Backpacker… Da durfte ich auch wieder mal feststellen, dass die Welt ein winziges Dorf ist. So kann es zum Beispiel passieren, dass man in seinem Hostel 8-bett Zimmer in Cartagena, Kolumbien eine wildfremde Frau aus Guatemala trifft und sich dann herausstellt, dass sie einen Bruder hat, der an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf studiert – wo auch ich ab Oktober studieren werde.
Der besagte Schlauch...
Dann haben wir noch am letzten Wochenende ein Haus, das auch zu unserem Projekt gehört und auf einer Insel liegt besucht. Das wurde vor Jahren gebaut, aber der ursprüngliche Plan für die Benutzung ist dann nicht zustande gekommen und jetzt ist es unbenutzt. Das war schön, mal dem Stadtgetümmel zu entkommen und einfach mal einen Tag nur im grünen Nirgndwo zu sein.  Ganz besonders interessant war allerdings die Bootsfahrt zurück zum Festland. Das erste was einem absolute Sicherheit vermittelt hat, war der Name des Bootes: „Locura 2“ – „Verrücktheit 2“, dieses Gefühl der Geborgenheit wurde bekräftigt von der Tatsache, dass die Bootsbesatzung aus 3 „Kindern“ im geschätzten Alter von 13 – 17 Jahren bestand. Aber restlos sicher habe ich mich erst gefühlt, als ich gesehen habe, dass der Motor dadurch angetrieben wurde, dass das jüngste der Besatzungsmitglieder einen Benzinkanister zwischen seine Beine klemmte und dann einen aus dem Motor kommenden Schlauch einfach in den Kanister hineinhielt.
Tja, und nun bleiben mir gerade mal 16 mickrige Tage. Und in wenigen Stunden werde ich die neue Deutsche Freiwillige, meine Nachfolgerin, vom Flughafen abholen. Der Anfang vom Ende. Einerseits freue ich mich auf zu hause. Ich gehe in Frieden nach Hause. Die Zeit war schön, aber jetzt reicht’s auch. Aber andererseits macht mich der immer näher rückende Abflugtermin nervös. Denn obwohl ich ganze 24 Stunden unterwegs sein werde, ist es trotzdem ein bisschen wie beamen. Man wird aus der einen Welt herausgerissen und dann einfach in die andere geschmissen. Von der einen Realität in die Andere. Und es ist noch etwas ganz anderes, als die Situation, die ich vor einem Jahr hatte. Denn da hat etwas ganz neues auf mich gewartet und jetzt ist es das Alte was mich erwartet. Das mag verstehen, wer will, aber ich wette, dass jeder der schon mal länger im Ausland war ganz genau weiß. was ich meine. Und ich habe schon jetzt das Gefühl, dass es wahr ist, was man von Leuten die im Ausland waren immer hört: Wiederkommen ist schwerer als Weggehen.

Wahrscheinlich ist das nun wirklich mein letzter Blogeintrag aus Kolumbien sein. Außer meinem offiziellen Abschlussbericht. Den werde ich hier wohl auch posten. Und ansonsten könnt ihr mich all das andere, wovon ich hier nicht erzählt habe (wie könnte ich das jemals alles aufschreiben) ja ganz bald persönlich fragen.

Ein wohl letztes Mal ganz, ganz liebe Grüße aus der schönsten Stadt Kolumbiens – Cartagena.
Larissa



Freitag, 17. Juni 2011

Projektbeschreibung "El Refugio"

Für meine Weltwärts-Entsende Organisation habe ich eine Projektbeschreibung über mein - na?... richtig! - Projekt angefertigt. Und ich dachte mir, dass das für meine lieben Blogleser bestimmt auch ganz interessnt wäre... Das Ganze ist zum Schluss hin an einen potentiellen Freiwilligen adressiert, also nicht irritieren lassen.

Kurzbeschreibung
Das Projekt „El Refugio“ (dt. Die Zuflucht) ist Teil der Dachorganisation „Jugend mit einer Mission“ und befindet sich in Cartagena, einer an der Karibikküste gelegenen Großstadt im Norden Kolumbiens. Das Haus selber steht in Torices, einem in Zentrumnähe gelegen Stadtteil, gearbeitet wird aber mit den Einwohnern von Loma Fresca, einem der ärmsten Stadtteile in Cartagena. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Arbeit mit Kindern im Alter von ungefähr neun bis zwölf Jahren. Es gibt aber auch eine wöchentliche Jugendgruppe für Jugendliche ab 13 Jahren, regelmäßige Elterntreffen und immer wieder Aktionen, die alle betreffen, z.B. Säuberungsaktionen im Stadtviertel oder einen Gesundheitstag, an dem die Menschen kostenlosen Zugang zu medizinischer Versorgung bekommen. Außerdem versucht das Projekt bei individuellen, meist finanziellen Problemen zu helfen, wenn zum Beispiel einer Familie das Geld für die Schuluniform fehlt, Reparaturen am Haus anfallen oder in finanziell sehr schwachen Familien Geld benötigt wird, um Lebensmittel zu kaufen.
Insgesamt kommen wöchentlich bis zu neunzig Kinder in unser Projekt, die meisten davon besuchen das Kinderprogramm, das jeden Freitag stattfindet, die älteren die Jugendgruppe. Außerdem gibt es Nachhilfeunterricht für Kinder mit Problemen in der Schule und eine Bibliothek, in die die Kinder kommen können, um ihre  Hausaufgaben zu erledigen.


Cartagena
Cartagena - mit knapp einer Million Einwohnern die fünftgrößte Stadt Kolumbiens - ist auch bekannt als die Perle der Karibik. Das klingt einladend. Und womit? Mit Recht. Cartagena ist nicht umsonst Touristenanlaufpunkt Nummer eins in Kolumbien. Hat es doch ewigen Sommer (Konstant um die 30 Grad - Immer), eine unter Weltkulturerbe stehende, wunderschöne Altstadt im Kolonialstil und das karibische Meer direkt vor der Haustüre zu bieten. In Bocagrande, Touristenviertel erster Klasse, sprießen die weißen Wolkenkratzer wie Pilze aus dem Boden und es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein Kreuzfahrtschiff aus den USA, Europa oder Südamerika im Hafen liegt, weswegen Cartagena, insbesondere das Zentrum, unter beinahe ständiger Polizeibewachung steht, was Cartagena den Status eingebracht hat, die sicherste Stadt Kolumbiens zu sein.
Aber das ist natürlich noch nicht alles. Denn wo viel Sonnenschein ist, da muss es auch Schatten geben. Und den gibt es. Denn die Mehrheit der Cartageneros lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die meisten davon sind afrikanischer Abstammung - ihre Vorfahren kamen als Sklaven nach Kolumbien und bis heute hin, fast zweihundert Jahre nach Abschaffung der Sklaverei lebt die Mehrheit der Nachkommen ebendieser Sklaven immer noch in Armut.  Quer durch die Stadt zieht sich ein grünbewaldeter Hügel, auf dem sich ein Holzhüttenviertel an das nächste reiht. Eines dieser Viertel trägt den Namen Loma Fresca.

Loma Fresca (dt. Luftiger Hügel)
Loma Fresca unterscheidet sich durch wenig von all den anderen Armenvierteln. Die Straßen sind eigentlich nur holprige, zugemüllte Lehmpfade, die Behausungen extrem primitiv, viele nur aus Holzlatten zusammengezimmert. Ein Gasanschluss, fließend Wasser oder geschwiege denn ein Klo ist sicher nicht standartmäßig in jedem Haus vertreten (Stereoanlagen und Kabelfernsehen hat dagegen aber fast jeder), und gewohnt wird auf engstem Raum. Teilweise leben zehn oder mehr Personen in winzigen Häusern zusammen, in einem Bett schlafen mehrere Menschen, es ist dunkel und muffig. Die meisten Familien sind zerrüttet und viele der Kinder gehen nicht regelmäßig in die Schule, aber immerhin ist es um ihre Bildung im Allgemeinen noch besser bestellt als um die ihrer Eltern. Denn in deren Generation kann kaum jemand richtig lesen und schreiben, haben die meisten doch nicht einmal die Grundschule abgeschlossen. Existenzangst, Perspektivlosigkeit, Gewalt, Alkohol und Drogen bestimmen den Alltag.
Und mit genau diesem Viertel und seinen Einwohnern arbeitet „El Refugio“.

El Refugio
Gegründet wurde das Projekt 1999 von Martin und Rosa Morales, die das Projekt auch heute noch leiten, damals noch auf die Arbeit mit Straßenkindern ausgerichtet. Doch nachdem die Anzahl der Straßenkinder in Cartagena mit den Jahren immer weiter sank und die Dringlichkeit der Arbeit demnach nicht mehr in vollem Maße gegeben war, hat sich das Projekt der Prävention gewidmet. Nun bemüht es sich Kinder aus den ärmsten Familien aufzufangen, ihnen Werte und Hoffnung zu vermitteln und sie und ihre Familien so auf dem Weg in eine bessere Zukunft zu begleiten.
Seit 2007 arbeitet das Projekt gezielt mit dem Stadtteil Loma Fresca.
Kernpunkt ist dabei die Arbeit mit Kindern zwischen 9 und 12 Jahren im Rahmen eines wöchentlichen Kinderprogramms, das jeden Freitag stattfindet. Dort werden den Kindern moralische Werte vermittelt, Spiel und Spaß geboten und eine warme Mahlzeit serviert.
Sind die Kinder dreizehn oder älter kommen sie in die Jugendgruppe, die sich jeden Samstagnachmittag trifft und darauf ausgerichtet ist, mehr auf die altersspezifischen Fragen und Interessen der Jugendlichen einzugehen.
Weiterhin wichtiger Bestandteil des Refugios sind die von montags bis donnerstags stattfindenden Kleingruppen. Dort werden um die 20 Kinder mit Schwierigkeiten in der Schule von einer Lehrerein unterrichtet.
Außerdem gibt es eine Bibliothek, in die die Kinder kommen können, um ihre Hausaufgaben zu erledigen, selbstständig zu lernen oder einfach nur in den Büchern zu stöbern.
Neben der Arbeit mit den Kindern gibt es auch Angebote für die Eltern. Alle 14 Tage gibt es einen Elternabend, zu dem alle Eltern, deren Kinder das Refugio besuchen eingeladen sind. Grundlegend sind diese Elternabende darauf ausgerichtet, die Eltern in der Erziehung ihrer Kinder zu unterrichten.
Zweimal in der Woche werden außerdem Familienbesuche unternommen, um sicherzustellen, dass es den Familien unserer Kinder gut geht, etwaige Mängel festzustellen und ggf. Lösungen zu suchen. Ziel dabei ist es, jede Familie mindestens viermal jährlich zu besuchen.
Zusätzlich zu diesen festen Bestandteilen gibt es auch immer wieder aus der Reihe fallende Aktionen, wie beispielsweise Säuberungsaktionen in Loma Fresca, Familientage, oder ein besonderes Ferienprogramm, beispielsweise die „Kreativen Ferien“, in denen die Kinder an Mal-, Theater-, Tanzkursen usw. teilnehmen können.

Das Team…
Wie wohl so üblich bei Jucum (Juventud con una mision – Jugend mit einer Mission), kann man heute etwas über das Team sagen, was schon am nächsten Tag nicht mehr aktuell ist.
Fakt ist aber, dass die Leiter des Projekts Martin und Rosita heißen - er halb Franzose, halb Spanier, sie Kolumbianerin- und sich im Moment in Frankreich befinden. Dort nehmen sie sich ein Jahr Auszeit mit ihren zwei Kindern Nathan und Ana Melissa. Leiter bleiben sie aber trotzdem, der Kontakt wird aber in der meisten Zeit nur über Email stattfinden.
Fest im Team sind außerdem Johanna und Petra. Johanna ist Kolumbianerin und studierte Sozialarbeiterin. Sie wird die kommissarische Leitung des Projekts während der Abwesenheit der Leiter übernehmen und ist außerdem für die allgemeine Arbeit mit Loma Fresca verantwortlich. Petra ist Engländerin und arbeitet seit anderthalb Jahren im Refugio. Sie ist für die Bibliothek und alles, was mit Kommunikation (Facebook, Emails beantworten, Fotos und Videos) zu tun hat verantwortlich. Mit diesen beiden wirst du außerdem auch zusammenwohnen.
Weiterhin wären da noch Esther, unsere Köchin und Haushälterin und Ika, die für das Kinderprogramm und die Jugendgruppe verantwortlich ist. Für das Kinderprogramm am Freitag kommen außerdem immer mal wieder verschiedene Leute, um mitzuhelfen. Und nicht zu vergessen unsere Lehrerin Sofi, die die Kleingruppen unterrichtet.

…und Du
Du wirst wohl erst mal in allen Bereichen mithelfen. Zum Beispiel steht ein wöchentlicher Besuch in Loma Fresca (selbstverständlich nicht alleine) an, je nach Sprachkenntnissen kannst du Punkte beim Kinderprogramm übernehmen (z.B. Drama), bei den Kleingruppen assistieren und so weiter und so fort. Nach einiger Zeit wirst du dann wohl auch eigene Aufgabenbereiche zugeteilt bekommen, z.B. die Dekoration, oder den Lagerraum zu verwalten.

Noch Bedenken?
Was auch immer man über Kolumbien gehört haben mag, wahrscheinlich wird es nichts Gutes gewesen sein und entweder mit Gewalt oder bewusstseinserweiterndem weißen Staub zu tun zu gehabt haben.
Ja, Kolumbien ist in vielen Bereichen sicher noch Entwicklungsland. Ja, die Kriminalitätsrate ist sicherlich höher als in Deutschland. Ja, der Lebensstandard ist hier sicher niedriger. Aber: In den letzten Jahren hat sich in Punkto Sicherheit sehr viel getan und wenn man sich an die Regeln hält und vorsichtig ist kann man sich ohne Probleme frei bewegen.
Und die Menschen kochen hier, ob man es glaubt oder nicht auch mit Wasser. Will meinen: so viel sich das Land durch die Kultur und all das von Deutschland unterscheiden mag, stellt man irgendwann fest, dass so viel auch nicht anders ist. Ein O-Ton einer Mitarbeiterin vom Refugio: „Anscheinend glauben die meisten Leute, die hierher kommen, sie kämen in den Dschungel.“ Das stimmt natürlich nicht. Gott sei Dank gibt es Dschungel in relativer Nähe, wenn man mal welchen sehen will, aber in Cartagena findet man wohl nur Großstadtdschungel. Und es gibt auch so gut wie nichts, was man nicht bekommen würde, wenn man nur lange genug sucht. Klar sind manche Produkte, die für einen Europäer wichtig sind teurer, als man gewohnt ist, das gleicht sich aber wieder dadurch aus, dass andere Dinge einem regelrecht hinterhergeschmissen werden - Zum Beispiel eine Unmenge an tropischen Früchten.
In dem Sinne bleibt nur auf den Slogan einer kolumbianischen Tourismuskampagne zurückzugreifen:

„Colombia – The only risk is wanting to stay.“   
(Kolumbien – Das einzige Risiko ist, dass man bleiben will.)

Sonntag, 12. Juni 2011

Fünfzehn wird man nur einmal im Leben…

…und in einigen Ländern geht dieser Geburtstag vorbei wie die meisten anderen (Beispiel: Deutschland), in anderen dagegen ist es der wichtigste Geburtstag im Leben (Beispiel: Kolumbien).
Und da wir uns hier zufällig in dem im obigen Beispiel genannten Land befinden und ganze sieben „unserer“ Mädels dieses Jahr fünfzehn werden oder schon geworden sind, dachten wir uns, dass das ganz eindeutig nach einer  Party schreit.
Denn da unsere Mädels aus sehr armen Familien kommen, könnten sie selber keine Feier ausrichten, zumindest keine dem fünfzehnten Geburtstag angemessene. Denn eine Quinceañosparty sollte mindestens pompös sein. Dazu gehören traditionell ein Ballkleid, eine große, fast einer Hochzeitstorte gleichkommenden Geburtstagstorte, Livemusik und so weiter und sofort. Im Grunde handelt es sich bei so einer Feier um eine Art Debütantinnenball. Das Mädchen wird vom Kind zur Frau und bekommt dafür den Segen ihres Vaters.
Wir haben also Kleider zusammengesucht, die wir ausleihen konnten, die Dekoration hergestellt (das war meine Aufgabe), Planungen erstellt, wie man fünfzig Leute in unseren Innenhof quetscht, Einladungen verteilt und Dank zahlreichen Sponsoren einen Cateringservice bezahlt, der uns zum Schluss noch einen Schokobrunnen gratis geliehen hat und uns auch noch einen Preisnachlass gegeben hat, weswegen wir als Überraschung auch noch eine Mariachiband mieten konnten.
Die einzige Schwierigkeit war eine ganz bestimmte, für die Feier sehr  entscheidende, Sache aufzutreiben: die Väter. Denn a) muss dieser erst mal im Leben der Mädchen vorhanden sein und b) auch noch ein gewisses Interesse an seiner Tochter haben. Und diese beiden Sachen in einem Paket zu bekommen ist in der sozialen Schicht, aus der unsere Mädels kommen leider eine Rarität. Letztendlich waren dann nur zwei der sieben Väter da, was so ein wenig wie eine kleine, graue Wolke über der Sache geschwebt hat, aber ich denke, dass der Abend letztendlich so gelungen war, dass dieses graue Wölkchen kaum aufgefallen ist.
Die Mädchen waren unglaublich aufgekratzt und glichen eigentlich mehr einem wilden Hühnerhaufen. Jedenfalls wenn sie unter sich waren. Meine  Aufgabe war es nämlich vor Beginn der Zeremonie mit ihnen oben zu sein und sie dann einzeln rauszuschicken, damit sie elegant die Wendeltreppe herabsteigen konnten.
Klingt relativ einfach, ist es aber nicht. Jedenfalls nicht, wenn man es mit extrem aufgeregten Mädchen zu tun hat. Denn als das Angélica als erste aufgerufen wurde, wollte sie partout nicht die Erste sein und  schrie mich nur panisch an: „No, tia, no!“ (Tia heißt Tante und so werden wir hier genannt…) Darauf schrien die anderen dann auch und für einen Augenblick hatte ich fast einen kleinen Anflug von Panik. Man muss sich das vorstellen, unten andächtige Stille, alle warten auf die erste Quinceañera und von oben kommt nur hysterisches Gekreische. Aber letztendlich habe ich sie dann glücklicherweise doch alle runterbekommen. Manche mit einem kleinen Schubser…
Dina schreitet die Treppe hinunter...
und bekommt den Segen ihres Vaters (der übrigens nur sehr schlecht lesen konnte und seine Sache trotzdem mit Bravour geleistet hat... ein sehr rührender Augenblick war das :))
Die Mädels haben dann von ihrem Vater, oder –wie in den meisten Fällen- stellvertretend von unserem Leiter Martin den Segen ausgesprochen bekommen und anschließend den obligatorischen Walzer getanzt. 

Dann ging es nochmal nach oben mit den Mädels, um das nächste Highlight vorzubereiten – ein Überraschungständchen einer Mariachiband. Als die fertig aufgebaut hatten sind die Mädchen nämlich raus auf den Balkon getreten und haben von unten ein Ständchen gesungen bekommen. 

Die Mariachiband...
Danach wurde dann das Buffet eröffnet, die Torte angeschnitten und der Schokobrunnen bestürmt.
Die sieben Chicas am Dinnertisch...
Alles in allem war es also ein wirklich toller Abend und ich hoffe und glaube ein Abend, an den sich die Chicas ihr ganzes Leben erinnern werden Für mich war es auf jeden Fall eines der absoluten Highlights in meinen bisherigen 7 Monaten hier.
"Wo ist Larissa?"
So, wie schaffe ich jetzt die Überleitung, um zum nächsten Thema zu kommen? Vielleicht von Schokofontäne nach Schlammvulkan? Wäre eine Möglichkeit. Ich war nämlich an einem Schlammvulkan. Dieser befindet sich ungefähr 30 Kilometer entfernt von Cartagena und ist bequem per Rumpelbus, der dich über die Dörfer kutschiert und einer anschließenden 15minütigen Fahrt durch die Pampa hinten drauf auf dem Motorrad zu erreichen.
Am Vulkan angekommen hält man alles erst mal für einen schlechten Scherz, denn der „Vulkankrater“ befindet sich inmitten von einem kleinen Dorf und ragt vielleicht 20 Meter aus dem Boden. Seine Wertsachen hinterlegt man bei einem ominösen Ticketverkäufer in einem noch ominöseren Holzverschlag. Und dann geht es eine Holztreppe hoch zum Vulkankrater. Bis dahin hält das Gefühl des schlechten Scherzes noch an und verschlimmert sich sogar noch beim  Anblick des vielleicht 4 mal 5 m kleinen Vulkankraters, in dem an die 20 bis zur Unkenntlichkeit schlammverschmierte Menschen baden. Erst wenn man in die graue Masse eintaucht, versteht man dann, warum man überhaupt hergekommen ist.
Es ist so eine Mischung zwischen Schwerelosigkeit und in Kuchenteig baden. Es fängt damit an, dass man gar nicht die Füße nach unten ausstrecken kann, weil das Zeug so dickflüssig ist und geht damit weiter, dass man manchmal völlig die Kontrolle über seinen Körper verliert. Man ist in der Hocke und plötzlich merkt man wie man nach hinten kippt, die Beine sich nach oben ausstrecken und man hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken liegt und mit den Armen rudert, um sich wieder aufzurichten. Leider habe ich noch keine Fotos von mir im Schlamm selber, da ich meine Kamera nicht dabeihatte. Bis hierhin müsst ihr euch mit einem Bild begnügen, dass ich mit meinem Handy beim Ankommen vom Moto aus gemacht hab. Schlammbilder folgen, sobald ich welche hab.
Die letzten Meter vor dem Ziel. Im Hintergrund der Vulkankrater, im Rückspigel mein Motofahrer und ich...
So, das waren zwei wichtige Ereignisse in der letzten Zeit, das nächste Mal hört ihr dann wahrscheinlich von mir in rund zwei Wochen, wenn ich aus der Kaffeezone zurückkomme. Denn wenn alles glatt läuft kann ich mit meinem Resturlaub aus dem übernächsten Wochenende ein verlängertes machen und mit meinen Mitweltwärtslern aus Medellín die Kaffezone bereisen.
Unbeschreiblich, nicht mehr ganz feierlich heiße Grüße (ich sitze im Bikini auf meinem Bett, der Ventilator läuft auf Hochtouren und mir immer noch heiß) aus dem wunderschönen Cartagena de Indias
Larissa

Noch ein Bild von meinem Geburtstag: 
 Der Kommentar meines Leiters zu der Torte war: "Guck mal, sogar in den Farben von Borussia Mönchengladbach" :D

Und noch ein Bild von mir im Castillo, also der Burg von Cartagena mit der Skyline von Bocagrande, der kolumbianischen Flagge und drei mir unbekannten Menshcen im Hintergrund.

Montag, 9. Mai 2011

Was bisher geschah...

Heidewitzka. Schon wieder ein Monat rum seit dem letzten Blogeintrag. Und der ging nur übers Weltwärtszwischenseminar. Der letzte Eintrag über mein „normales“ Leben ist schon zwei Monate her. Ups! Aber ihr wisst ja: Fliegen tut sie, die Zeit.

Und was nicht alles passiert ist in der Zeit.
Unser neuer Anbau ist so gut wie fertig. Nächste Woche werden wir alle Aktivitäten wieder in unsere Räumlichkeiten verlegen und wer weiß, vielleicht ziehe ich auch schon bald hoch in ein neues Zimmer?! Jedenfalls sieht unser Haus jetzt nach hinten raus ein wenig nach Ferienapartment aus.
  

Unsere lieben Bauarbeiter machen Siesta...

Und meine Kollegin Petra wurde ihres Laptops beraubt. Und ich meiner Toricesidylle. Torices, der schöne Stadtteil, wo man die Tür auch mal für ein paar Minuten offen stehen lassen kann, von dem aus man zu Fuß ins Centro gehen kann, und bei dessen Erwähnung Taxifahrer auch spät abends noch freudestrahlend „Si, claro“ sagen, anstatt „peligroso“ (-gefährlich) -murmelnd die Scheibe hochzukurbeln und sich den nächsten Kunden zu suchen.
Am helllichten Tage kam nämlich ein Mann in unseren Vorhof marschiert, auf dem Petra sich unglücklicherweise mit unseren 10 Jugendlichen und ihrem Laptop befand, zückte eine Pistole, verlangte nach dem Laptop, bekam ihn und verschwand mit dem selbigen auf Nimmerwiedersehen.
Alle ein wenig schockiert sind wir jetzt auf jeden Fall vorsichtiger geworden und ich hab mich endlich mal dazu aufgerafft Sicherungskopien von all meinen wichtigen Sachen zu machen.

Ansonsten ist die Arbeit ist so ihren gewöhnlichen Gang gegangen. Ich arbeite noch immer in den Kleingruppen und in der Dekoration und was besonders schön ist, dass ich jetzt regelmäßig – nämlich jeden Montagnachmittag mit Johanna hoch ins Barrio unserer Kinder gehe und Familienbesuche mache. Da kommt man meistens mit gemischten Gefühlen zurück. Mit eher schlechten, weil man halt schon immer mit der Armut und schwierigen Umständen, in denen die Kinder aufwachsen, konfrontiert wird. Da war zum Beispiel eine Familie, die hatte im Monat nur so viel Geld zur Verfügung wie ich von Weltwärts als Taschengeld bekomme. Oder wenn man erfährt, dass so um die gefühlte 90 Prozent der Erwachsenen von Loma Fresca nicht mal auf die weiterführende Schule gegangen sind, sondern noch in der Grundschule abgegangen sind.  Es gibt aber auch immer schöne Momente. Zum Beispiel haben wir mal eine Familie besucht, die nur aus einem alleinerziehenden Vater und seinen drei Kindern bestand. Die haben im Hinterhof der Oma in so einer winzigen Barracke gewohnt und als wir darauf zugegangen sind, hab ich schon das Schlimmste erwartet. Aber als ich reinkam, hab ich einfach nur staunen müssen. Alles war total schön hergerichtet, die Betten gemacht, sauber, aufgeräumt, zum wohlfühlen. Natürlich alles den Umständen entsprechend, aber ich fand das total beeindruckend. Durchschnittliche Häuser in Loma Fresca (das der Oma auch) sind das nämlich in der Regel nicht, sondern eng, schmutzig, muffig, ungemütlich.
Und allgemein ist es einfach schön, dort oben zu sein und die Familien direkt zu Hause zu besuchen. Deshalb fand ich es auch ziemlich schade, dass ich unseren zweiten Jornada de Aseo (Müllsammeltag) verpasst habe, weil ich da im Tayronapark war. Aber dafür durfte ich bei einem anderen Umweltprojekt mithelfen. Bei meiner Mitweltwärtslerin Gitti nämlich. Die arbeitet in einem der ärmeren und damit auch zugemüllteren Stadtteile Cartagenas in einer Schule. Und auch da konnten wir innerhalb von zwei Stunden so um die 100 Säcke Müll einsammeln (und hätten wohl auch noch 2 Tage weiter machen könne, bis alles weg gewesen wäre).
 



Eine Mini-Umwelt-Demo gabs auch noch...

Mit Gitti zusammen hab ich mich auch rangehalten die wichtigen Dinge nicht zu verpassen, nur weil wir in Kolumbien sind. Ostereier haben wir nämlich angemalt, versteckt und sogar zum Strand migenommen. 



Und die Hochzeit. Ja, die haben wir natürlich auch geguckt. Wegen der Zeitverschiebung zwar nicht live, aber dafür mit Unionjack-Wackelpudding… und dem Hochzeitskuss in Zeitlupe und mehrmaliger Wiederholung.

 Hochzeit, Johanna, Gitti und der Unionjack-Pudding...

Tja, und dann musste ich mich noch von Leila verabschieden. Die hatte in einem anderen Projekt in Cartagena gearbeitet und ist jetzt schon wieder im schönen Deutschland. Hat mich dran erinnert, dass auch meine Zeit tickt.
 Leila und ich bei unserem Abschiedtreffen an der Stadtmauer...

Meine touristischen Aktivitäten liegen nämlich bei null. Man hat immer noch sooooo viel Zeit, alles zu machen und anzugucken. Aber immerhin die obligatorische Kutschfahrt durch die Altstadt hab ich gemacht und letze Woche hab ich es auch auf die Popa geschafft. Das ist ein Kloster hoch oben auf dem Berg, von wo aus man die ganze Stadt sehen kann.
 Auf der Popa

Und viel rum in Kolumbien komm ich wohl auch nicht mehr. Ich hab nämlich nur noch 3 Tage Urlaub. Aber vielleicht schaffe ich es mir ein langes Wochenende zu machen und noch mal schnell in die Kaffeezone zu flitzen. Aber den Amazonas kann ich mir wohl eindeutig aus dem Kopf schlagen.
Aber dafür hab ich da dann immerhin einen Grund wiederzukommen. Obwohl man den eigentlich gar nicht braucht. 
Denn der Slogan einer Tourismuskampagne in Kolumbien sagt eigentlich schon alles: „Colombia – The only risk is wanting to stay.“ Zu Deutsch: „Kolumbien - Das einzige Risiko ist, dass man bleiben will.“  Da haben sie wohl recht.

Ich hab gehört nach Deutschland hat die Sonne es jetzt auch geschafft, also muss ich euch ja Sonnenschein ja nicht mehr schicken. Nehmt ihr stattdessen vielleicht auch Ameisen oder Mosquitos?

Liebe Grüße
Larissa

Hier noch ein paar Fotos:

 Sechs von unseren Chicas und der süße Omar.

 Johanna und ich...
 Und zum Schluss noch ein paar ganz coole... :D

Montag, 11. April 2011

Gozo - Zwischenseminar im Tayronapark

Gozo, das ist spanisch und bedeutet Freude. Und genau diesen Titel gebe ich der Woche im Tayrona Nationalpark, wo wir 13 Kolumbienweltwärtsler unser Zwischenseminar hatten.

Warum Freude?
Weil es eine Freude war, alle wieder zu sehen und mit ihnen eine Woche verbringen zu dürfen.
Weil es eine Freude war, die unglaubliche Natur zu bestaunen.
Und weil es eine Freude war, einfach eine Woche zu entspannen.

Am Sonntagmorgen ging es, nachdem wir im Supermarkt Frühstücksproviant und  Wasser für die ersten Tage gekauft und auf das Gepäck verteilt hatten in Cartagena los.
Mit dem Taxi eine gute halbe Stunde zum Terminal, mit dem Bus 4 Stunden nach Santa Marta, von Santa Marta mit einem weiteren Bus eine dreiviertel Stunde zum Tayronapark, vom Eingang eine Viertelstunde mit dem Van zum Parkplatz, anderthalb Stunden mit Rucksack inklusive 5-Liter-Wasserbeutel - schwitzend wie ein Schwein - durch den Dschungel stapfen. Ankommen.
Was uns empfing war einfach atemberaubend. Dschungel, Berge, Palmen und einsame Strände wie aus dem Katalog. 


Die erste und die beiden letzten Nächte haben wir in Arrecifes verbracht, an einem Strand der aufgrund von sehr extremen Wellen und Strömungen leider nicht zum "badén" geeignet war, aber trotzdem wunderschön war und wo wir außerdem in sehr luxuriösen, weißen Hängematten  schlafen konnten. 
Am nächsten Tag haben wir dann den letzten Weg zum Strand El Cabo zurückgelegt. Auf dem Weg dorthin geriet unser Guide (übrigens der beste Guide aller Zeiten) ein wenig in Sorge, da wir uns konsequent der Anweisung widersetzten, in den Himmel starrend zu laufen, um im Fall der Fälle herabfallenden und uns erschlagenden Kokosnüssen auszuweichen zu können. Letztendlich ist dann Gott sei Dank auch niemand durch eine herabfallende Kokosnuss ums Leben gekommen. (Wenn man drüber nachdenkt gibt es aber schon uncoolere Arten zu sterben. Harhar.)
Die dezent dicht hängenden Hängematten am El Cabo-Strand.
Darauf folgten einige Seminartage, an denen wir über unsere bisherigen Erfahrungen gesprochen haben und außerdem auch Tipps und Erfahrungsberichte für die neunen Weltwärtsfreiwilligen in Form eines Videos ausgearbieten haben. Das zu drehen hat extrem viel Spaß gemacht. Zum Beispiel haben wir eine Prügelei nachgestellt, bei der ein Mann mit einer Machete verletzt wurde. Dazu haben wir ein paar Parkangestellte als Schauspieler angagiert, die mit Feuereifer dabei waren auch noch roten Sirup als Blut besorgt haben. 
Neben der Seminarzeit blieb aber trotzdem noch genügend Zeit, um ein wenig den Dschungel zu erkunden und dabei passenderweise Probier's mal mit Gemütlichkeit zu singen, im türkisblauen Meer zu baden oder einfach nur die Gemeinschaft und den Sonnenschein zu genießen.
Übrigens sind wir jeden Morgen um halb sechs aufgestanden, um den Sonnenaufgang anzuschauen und wurden jeden Morgen enttäuscht, weil alles wolkenverhangen war. Dafür gabs dann spontane Lobpreissessions am Strand.


 Morgendliche Begeisterung über den Dschungel und das Meer. 
Unfassbar hohe Palmen. 

Aber nicht nur die Planzen und das Meer konnte man bestaunen sondern auch ganz viele Tiere. Kolibris zum Beispiel, oder große, bunte Schmetterlinge, Riesenheuschrecken und nicht zuletzt die Blattschniederameisen, deren Straßen, oder ich sollte besser sagen Highways sich durch den ganzen Park ziehen. Und wir haben sogar ein echtes, lebendiges Krokdil (bzw. seinen Kopf, der lauernd aus dem Wasser schaute) gesehen. Und dann waren wir auch noch schnorcheln, wo wir ganz viele bunte Fische und Korallen gesehen haben und außerdem auch noch einen Löwenfisch. Das Foto habe ich natürlich nicht selber gemacht, aber er sah wirklich original so aus.

Worauf ich allerdings hätte verzichten können, war eine giftige Riesenspinne morgens beim Frühstück an meinem Tischbein. Ich bin mir sicher, dass sie schon in mehreren Horrorfilmen mitgespielt hat. Jetzt ist sie aber leider in die ewigen Jagdgründe eingegangen.


Alles in allem also eine sehr große Freude diese Woche. 
Nicht so eine Freude sind im Moment allerdings noch meine Beine. 127 Moskitostiche allein am rechten Bein knieabwärts können schon mal anstrengend sein. Anstrengend ist auch sich wieder „zu Hause“ einzufinden. Ich bin zwar immer noch in der Karibik, aber der Großstadtdschungel ist eben doch kein richtiger Dschungel und einem Ventilator beim Einschlafen zu zuhören ersetzt noch kein Meerrauschen.



Ich hoffe euch geht es allen gut, sollte euch ein wenig gozo fehen, lade ich euch gerne ein, nach Kolumbien zu kommen und mit mir in den Tayronapark zu fahren. 

Liebste Grüße ♥
Larissa 

Noch mehr Fotos sind schon und kommen noch bei Facebook.




Sonntag, 13. März 2011

Es ist schon gleich halb zwölf, ich bin seit sechzehn Stunden wach, da fällt mir echt keine vernünftige Überschrift mehr ein.

Ich sitze im Taxi. Woher ich komme, fragt der Taxifahrer. Aus Deutschland. Wo ich wohl Spanisch gelernt habe. Hier. Ich spreche aber gut Spanisch. Wie lange ich denn schon hier bin. 4 Monate sage ich. Mir wird bewusst, dass ich das jetzt schon seit zwei Monaten sage: 4 Monate. Dabei bin ich schon fast ein halbes Jahr hier. Ich kann euch sagen: Die Zeit rast. So schnell, dass ich nicht mal Zeit habe in meinem Gehirn die hier verbrachte Zeit jeden Monat zu aktualisieren.

Das wäre dann auch meine Entschuldigung dafür dass ich so lange nichts geschrieben hab. Seit zwei Monaten! Kommt mir vor als wäre es letzte Woche gewesen.

Da ich nun tatsächlich bald schon ein halbes Jahr hier bin, habe ich mittlerweile doch ziemlich gut eingelebt. Mein Spanisch ist soweit fortgeschritten, dass ich Gilmore Girls auf Spanisch nicht nur gucken sondern auch verstehen kann, dass ich eigene Punkte im Programm übernehmen kann (in der Jugend mache ich eine Art Mini-Malkurs) und dass ich das Prinzip eines Discountsupermarktes und andere überlebenswichtige Dinge erklären kann.
Aber auch mit der heimischen Kultur scheine ich mich mittlerweile offensichtlich schon arrangiert zu haben. Denn letztlich wollte ich in einem Gespräch einen Esel erwähnen, wusste aber das spanische Wort nicht. Als wäre es normalste der Welt, habe ich einen Esel dann folgenermaßen beschrieben: Diese Tiere – auf der Straße. Die die Wagen ziehen. Das ist an sich ja schon mal ungewöhnlich. Ich meine vor ein paar Monaten wäre mir  das sicherlich nicht eingefallen und hätte mir jemand so erklären wollen, was ein Esel ist, hätte ihn wohl auch nicht verstanden. Aber das ist noch nicht die Krönung. 
Die Krönung ist, dass, als ich im Nachhinein darüber nachdachte, dass ich davon in meinem nächsten Blogeintrag schreiben sollte, ich mir plötzlich nicht mehr sicher war, ob in Deutschland nicht doch vereinzelt Esel auf der Straße unterwegs sind. Nach eingehenden Überlegungen bin ich mir aber wieder definitiv sicher, dass es Deutschland keine Eselkarren gibt. Sollte das Gegenteil der Fall sein, sagt mir bitte Bescheid.
Ansonsten lebe ich im Moment auf einer Baustelle. Wir kriegen nämlich einen Anbau. Einen neuen Unterrichtsraum, einen größeren Materialraum, neue Toiletten für die Kinder und zwei neue Schlafzimmer. Da muss man dann auch manchmal die Augen schließen, tief durchatmen und versuchen all den Staub, Schmutz und das Chaos zu übersehen.
Der Innenhof vor einem halben Jahr und heute.
Aber dafür werden wir wahrscheinlich in ein nigelnagelneues Zimmer im neuen ersten Stock ziehen und mit etwas Glück auch noch den zweiten Stock als Dachterrasse nutzen können. Petra und ich haben uns schon ausgemalt wie wir die Dachterrasse einrichten werden, mit Pflanzen, einer schönen Bank und so weiter und hoffen, dass die Terrasse hoch genug sein wird um das Meer zu sehen! 
Die Bauarbeiter sind jeden Tag von 8 bis 5 Uhr da. Und zu meiner größten Freude samstags sogar schon um 7. Da fällt das Ausschlafen dann flach, wenn im nun nicht mehr vorhandenen Nebenzimmer, also auf der anderen Seite der Wand Mauern eingerissen werden. Deshalb gehe ich jetzt höchst diszipliniert freitags abends früh ins Bett, damit ich samstags morgens um 7 Uhr aufwachen kann und denken: „Hey, ausgeschlafen!“
Letzten Samstag mussten wir dann aber so oder so früh aufstehen, da haben wir nämlich den Boden im neuen ersten Stock betoniert.  Da sind auch noch ein paar Helfer von der Jugend-Mit-Einer-Missions Base gekommen und mit ungefähr zwanzig Leuten haben wir das Ganze in fünf Stunden geschafft. Ich habe oben Zementeimer geschleppt  und den Zement glattgestrichen, der unten halb von der Maschine, halb mit Schaufeln auf dem Boden gemischt wurde. Mittlerweile stehen sogar schon halbe Mauern, und in voraussichtlich gut einem Monat soll das ganze schon fertig sein. Aber in Kolumbien sind Zeitangaben generell sehr dehnbare Begriffe.
Die Herren beim Zementmischen...
...und die Damen beim... ähh... Plaudern.

Und wenn ich nicht gerade Zement glattziehe oder wie gewohnt diverse Dinge ausschnipsel helfe ich unserer Lehrerin Sofi in den Kleingruppen, also im Schulförderungsprogramm. Dienstags helfe ich bei der Nachmittagsgruppe, die Kinder dort gehen zum Großteil in die Schule, wenn auch alle unter ihrem Niveau, das heißt sie sind teilweise mehrere Male sitzen geblieben oder erst viel zu spät eingeschult. Am Mittwoch bin ich dann bei der Nachmittagsgruppe, wo alle Schreibanfänger sind und zum Großteil auch nicht in die Schule gehen. Trotzdem sind die Kinder schon alle über neun Jahre alt, also auch ziemlich hinterher. 
Das kann manchmal, oder auch fast immer ziemlich anstrengend sein. Denn obwohl in beiden Gruppen nicht mehr als neun Kinder sind, sind sie wahrhaftig schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe. Die Jungs finden ständig einen Grund sich gegenseitig zu schlagen, zu treten oder zu würgen. Die Mädchen weinen schon wenn sie den Jungs nur beim Kämpfen zusehen und verkriechen sich unterm Stuhl. Außerdem wird auch gerne auf der Mauer rumgeturnt, sich auf den Boden gelegt, unter den Tisch, auf den Tisch, die Katze malträtiert oder mit dem Fahrrad im Hof rumgefahren. Da außerdem auch absolut keine Frustrationstoleranz vorliegt gibt es ständig Grund die Arbeit zu verweigern, das Arbeitsblatt zu zerknüllen oder beleidigt von Dannen zu ziehen.

Soweit der Extremfall. Natürlich läuft das nicht ständig so, aber es kann schon sehr Nervenraubend sein. Allerdings gibt es auch hin und wieder sowas wie kleine Wunder. Zum Beispiel wenn Kinder, die normalerweise die reinsten Rabauken sind eine halbe Stunde am Stück ruhig und konzentriert arbeiten.
Damit ich den Kindern auch helfen kann musste ich mir von Sofi erst mal wieder erklären lassen, wie man schriftlich multipliziert und minusrechnet. Aber nachdem ich wieder einen kleinen Denkanstoß bekommen hab, kann ich jetzt beim Rechnen helfen und auch bei den Schreibaufgaben – mithilfe meines Wörterbuchs…
Tja uns sonst hab ich mit der Hilfe von Petra angefangen, vor dem Gemeinschaftszimmer eine Fensteraussicht zu malen. Da hat man nämlich früher auf eine kahle Betonwand geschaut, heute blickt man auf ein immerhin fast fertiges Rheintal.



So verbleibe ich mit ganz vielen lieben Saludos an alle meine lieben Amigos in Alemania!

Larissa

P.S.: Markiert euch den 15. September ganz dick im Kalender, dann hat mich Deutschland nämlich wieder!


Montag, 3. Januar 2011

Mein Freund der Baum


Für jeden Blog, der bei der Aktion "Mach's Grün - Gemeinsam 1 Million Bäume retten" mitmacht, wird ein Baum gepflanzt, der die CO2-Emission desselbigen wiederausgleicht. Da darf mein Blog natürlich nicht fehlen...

Sonntag, 2. Januar 2011

7 Tage in Medellin und 7 Dinge, die es darüber zu erzählen gibt

Über meinen Urlaub in Medellin.
1. Frieren. Ich hatte schon beinahe vergessen, was das ist, doch eine 15-Stündige Busfahrt in Kolumbien holt einen da schon mal in die Realität zurück. Ich weiß zwar inzwischen, dass die Kolumbianer mit Klimaanlagen immer ein klein wenig übertreiben, aber das war wirklich der Gipfel. Und zwar ein schneebedeckter. Die Klimaanlage war so kalt eingestellt, dass es mich kaum gewundert hätte, wenn es angefangen hätte zu schneien. Das hat dazu gefühert dass wir um halb drei Uhr nachts völlig verkrampft und frierend auf unseren Sitzten saßen. Auch den Busfahrer zu fragen, ob er die Kimaanlage runterstellen könne stellte sich als unmöglich heraus, da die Tür zur Fahrerkabine abgeschlossen war und auch auf Klopfen nicht reagiert wurde. Das ist natürlich gut...
Auf dem Rückweg waren wir allerdings schlauer und haben Wollsocken und einen ganzen Beutel Klamotten mitgenommen. Manche Menschen im Bus hatten sogar Winterjacken an. Da hat wohl jemand den Knall nicht gehört...
2. Entlohnt werden. Und zwar mit einer atemberaubenden Aussicht. Kolumbien ist, wie wir feststellen mussten so ein unglaublich schönes Land. In Cartagena freu ich mich schon immer unheimlich, wenn ich ein kleines Fleckchen halb verstrockeneten Rasen entdecke aber als ich auf der Hinfahrt am morgen im Bus aufgewacht bin, hab ich mich mitten in den Bergen mit saftigen grünen Wiesen wiedergefunden. Da fühlt man sich doch fast wie zu Hause.



 Busstop an irgendeiner Tankstelle irgendwo in Kolumbien...

3. Medellín. Ist einfach atemberaubend. Eine Großstadt mit 3 Millionen Einwohnern, 1500 Meter über Null, eingerahmt von hohen, grünen Bergen.


4. Weltwärtslertreffen. Das offizielle Zwischenseminar ist zwar erst im April, aber in Medellin hatten wir Kolumbienfreiwillige (bis auf 2) schon mal ein mehr oder weniger zufälliges, verfrühtes Treffen. Da darf natürlich ein Beweisfoto nicht fehlen.

5. Noch mehr Naturschönheiten. El Peñol ist ein riesiger Felsen, der ca. 2 Busstunden von Medellin enfternt einfach wie vom Himmel gefallen in der Gegend rumsteht und von dem an eine unglaublich schöne Aussicht hat. Und da wir Touristen waren und uns demnach auch so verhalten durften, sind Katrin, Anita und ich für ungefähr Euro ein Stückchen hochgeritten.



6. Bañarse en agua negra y las consecuencias. In Abwasser baden und die Folgen. Wenn 5 Weiße in Kolumbien von einer Brücke in Wasser springen, von dem sie später erfahren, dass es sich um "agua negra" handelt, passiert folgendes: 
1. Ein Mob von Schaulustigen bildet sich. Die Autos fahren im Schritttempo vorbei, vorbeikommende Touristengruppen bleiben stehen und feuern die noch ängstlich auf der Brücke stehenden Weißen an.
2. Ein winzig kleines, rotes Feuerwehrauto kommt angerauscht während die Weißen noch im Wasser sind. Ein wütendenerm kleiner, dicklicher kolumbianischer Feuerwehrmann steigt aus und droht mit "arresto", falls die fünf Brückenspringer nicht 500.000 Pesos Strafe pro Kopf zahlen, da es sich nicht gehört in verunreinigtem Wasser zu schwimmen, um das es sich scheinbar handelt. Die Weißen sind sich einig, dass eine Nacht im Gefängnis die weniger schlimme Option ist und denken sich, dass das den Feuerwehrmann bestimmt überraschen wird, da sie überzeugt sind, dass er nur die weißen, reichen Touristen abzocken will.
3. Der Mob von Schaulustigen bildet schnell eine Geschworenenjury, spricht die Springer einstimmig unschuldig und überzeugt so den wütenden, kleinen, dicken Feuerwehrmann.
4. Als die Weißen entdecken, dass jetzt auch noch zwei Polizisten auf Motorrädern, wahrscheinlich durch die Menschenansammlung aufmerksam geworden, gekommen sind, machen sie sich ganz schnell aus dem Staub, um nicht doch noch im Gefängnis zu landen.
     Da war noch alles gut...

7. Naturkatastrophen. In Medellin sind im Dezember duch Erdrutsche mehr als 100 Menschen gestorben und weitaus mehr obdachlos geworden. 
Auf dem Rückweg sind wir an den Überschwemmungsgebieten in der Nähe von Cartagena vorbeigefahren. Da sieht es nach wie vor nicht gut aus. 
Und wie immer hat es natürlich die ohnehin schon Armen getroffen.
 
In der grünen Hügelkette in der Mitte kann man diese brauen Stellen sehen. Dort waren Erdrutsche.  

        Man kann den Pool vorm Haus natürlich auch genießen. (Vorne im Bild...)

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