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Sonntag, 12. Juni 2011

Fünfzehn wird man nur einmal im Leben…

…und in einigen Ländern geht dieser Geburtstag vorbei wie die meisten anderen (Beispiel: Deutschland), in anderen dagegen ist es der wichtigste Geburtstag im Leben (Beispiel: Kolumbien).
Und da wir uns hier zufällig in dem im obigen Beispiel genannten Land befinden und ganze sieben „unserer“ Mädels dieses Jahr fünfzehn werden oder schon geworden sind, dachten wir uns, dass das ganz eindeutig nach einer  Party schreit.
Denn da unsere Mädels aus sehr armen Familien kommen, könnten sie selber keine Feier ausrichten, zumindest keine dem fünfzehnten Geburtstag angemessene. Denn eine Quinceañosparty sollte mindestens pompös sein. Dazu gehören traditionell ein Ballkleid, eine große, fast einer Hochzeitstorte gleichkommenden Geburtstagstorte, Livemusik und so weiter und sofort. Im Grunde handelt es sich bei so einer Feier um eine Art Debütantinnenball. Das Mädchen wird vom Kind zur Frau und bekommt dafür den Segen ihres Vaters.
Wir haben also Kleider zusammengesucht, die wir ausleihen konnten, die Dekoration hergestellt (das war meine Aufgabe), Planungen erstellt, wie man fünfzig Leute in unseren Innenhof quetscht, Einladungen verteilt und Dank zahlreichen Sponsoren einen Cateringservice bezahlt, der uns zum Schluss noch einen Schokobrunnen gratis geliehen hat und uns auch noch einen Preisnachlass gegeben hat, weswegen wir als Überraschung auch noch eine Mariachiband mieten konnten.
Die einzige Schwierigkeit war eine ganz bestimmte, für die Feier sehr  entscheidende, Sache aufzutreiben: die Väter. Denn a) muss dieser erst mal im Leben der Mädchen vorhanden sein und b) auch noch ein gewisses Interesse an seiner Tochter haben. Und diese beiden Sachen in einem Paket zu bekommen ist in der sozialen Schicht, aus der unsere Mädels kommen leider eine Rarität. Letztendlich waren dann nur zwei der sieben Väter da, was so ein wenig wie eine kleine, graue Wolke über der Sache geschwebt hat, aber ich denke, dass der Abend letztendlich so gelungen war, dass dieses graue Wölkchen kaum aufgefallen ist.
Die Mädchen waren unglaublich aufgekratzt und glichen eigentlich mehr einem wilden Hühnerhaufen. Jedenfalls wenn sie unter sich waren. Meine  Aufgabe war es nämlich vor Beginn der Zeremonie mit ihnen oben zu sein und sie dann einzeln rauszuschicken, damit sie elegant die Wendeltreppe herabsteigen konnten.
Klingt relativ einfach, ist es aber nicht. Jedenfalls nicht, wenn man es mit extrem aufgeregten Mädchen zu tun hat. Denn als das Angélica als erste aufgerufen wurde, wollte sie partout nicht die Erste sein und  schrie mich nur panisch an: „No, tia, no!“ (Tia heißt Tante und so werden wir hier genannt…) Darauf schrien die anderen dann auch und für einen Augenblick hatte ich fast einen kleinen Anflug von Panik. Man muss sich das vorstellen, unten andächtige Stille, alle warten auf die erste Quinceañera und von oben kommt nur hysterisches Gekreische. Aber letztendlich habe ich sie dann glücklicherweise doch alle runterbekommen. Manche mit einem kleinen Schubser…
Dina schreitet die Treppe hinunter...
und bekommt den Segen ihres Vaters (der übrigens nur sehr schlecht lesen konnte und seine Sache trotzdem mit Bravour geleistet hat... ein sehr rührender Augenblick war das :))
Die Mädels haben dann von ihrem Vater, oder –wie in den meisten Fällen- stellvertretend von unserem Leiter Martin den Segen ausgesprochen bekommen und anschließend den obligatorischen Walzer getanzt. 

Dann ging es nochmal nach oben mit den Mädels, um das nächste Highlight vorzubereiten – ein Überraschungständchen einer Mariachiband. Als die fertig aufgebaut hatten sind die Mädchen nämlich raus auf den Balkon getreten und haben von unten ein Ständchen gesungen bekommen. 

Die Mariachiband...
Danach wurde dann das Buffet eröffnet, die Torte angeschnitten und der Schokobrunnen bestürmt.
Die sieben Chicas am Dinnertisch...
Alles in allem war es also ein wirklich toller Abend und ich hoffe und glaube ein Abend, an den sich die Chicas ihr ganzes Leben erinnern werden Für mich war es auf jeden Fall eines der absoluten Highlights in meinen bisherigen 7 Monaten hier.
"Wo ist Larissa?"
So, wie schaffe ich jetzt die Überleitung, um zum nächsten Thema zu kommen? Vielleicht von Schokofontäne nach Schlammvulkan? Wäre eine Möglichkeit. Ich war nämlich an einem Schlammvulkan. Dieser befindet sich ungefähr 30 Kilometer entfernt von Cartagena und ist bequem per Rumpelbus, der dich über die Dörfer kutschiert und einer anschließenden 15minütigen Fahrt durch die Pampa hinten drauf auf dem Motorrad zu erreichen.
Am Vulkan angekommen hält man alles erst mal für einen schlechten Scherz, denn der „Vulkankrater“ befindet sich inmitten von einem kleinen Dorf und ragt vielleicht 20 Meter aus dem Boden. Seine Wertsachen hinterlegt man bei einem ominösen Ticketverkäufer in einem noch ominöseren Holzverschlag. Und dann geht es eine Holztreppe hoch zum Vulkankrater. Bis dahin hält das Gefühl des schlechten Scherzes noch an und verschlimmert sich sogar noch beim  Anblick des vielleicht 4 mal 5 m kleinen Vulkankraters, in dem an die 20 bis zur Unkenntlichkeit schlammverschmierte Menschen baden. Erst wenn man in die graue Masse eintaucht, versteht man dann, warum man überhaupt hergekommen ist.
Es ist so eine Mischung zwischen Schwerelosigkeit und in Kuchenteig baden. Es fängt damit an, dass man gar nicht die Füße nach unten ausstrecken kann, weil das Zeug so dickflüssig ist und geht damit weiter, dass man manchmal völlig die Kontrolle über seinen Körper verliert. Man ist in der Hocke und plötzlich merkt man wie man nach hinten kippt, die Beine sich nach oben ausstrecken und man hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken liegt und mit den Armen rudert, um sich wieder aufzurichten. Leider habe ich noch keine Fotos von mir im Schlamm selber, da ich meine Kamera nicht dabeihatte. Bis hierhin müsst ihr euch mit einem Bild begnügen, dass ich mit meinem Handy beim Ankommen vom Moto aus gemacht hab. Schlammbilder folgen, sobald ich welche hab.
Die letzten Meter vor dem Ziel. Im Hintergrund der Vulkankrater, im Rückspigel mein Motofahrer und ich...
So, das waren zwei wichtige Ereignisse in der letzten Zeit, das nächste Mal hört ihr dann wahrscheinlich von mir in rund zwei Wochen, wenn ich aus der Kaffeezone zurückkomme. Denn wenn alles glatt läuft kann ich mit meinem Resturlaub aus dem übernächsten Wochenende ein verlängertes machen und mit meinen Mitweltwärtslern aus Medellín die Kaffezone bereisen.
Unbeschreiblich, nicht mehr ganz feierlich heiße Grüße (ich sitze im Bikini auf meinem Bett, der Ventilator läuft auf Hochtouren und mir immer noch heiß) aus dem wunderschönen Cartagena de Indias
Larissa

Noch ein Bild von meinem Geburtstag: 
 Der Kommentar meines Leiters zu der Torte war: "Guck mal, sogar in den Farben von Borussia Mönchengladbach" :D

Und noch ein Bild von mir im Castillo, also der Burg von Cartagena mit der Skyline von Bocagrande, der kolumbianischen Flagge und drei mir unbekannten Menshcen im Hintergrund.

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